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Lena in Uganda · 12. Dezember 2011

Gleich nach erfolgreich bestandenem Abitur zog es Lena Heuer 2011 in die weite Welt hinaus – genauer gesagt nach Uganda. Wie es ihr dort erging und was sie erlebte, berichtet sie hier ganz ausführlich in zwei Briefen:

Brief Nummer 1: Rainbow House of Hope Uganda, Nsambya, Kampala (15.07.2011 – 30.09.2012)

Liebe Freunde, Verwandte, Unterstützer und alle die sich für meinen Freiwilligendienst interessieren,

jetzt sind es schon über drei Monate her, seit dem ich Anfang September 2011 meinen 13-monatigen Freiwilligendienst hier im Rainbow House of Hope in Uganda begonnen habe. Es ist höchste Zeit, euch endlich in meinem ersten Rundbrief von meinen Erlebnissen und Eindrücken, von meinem Leben hier in Afrika, so weit weg von Zuhause und in einer so fremden Kultur zu berichten.

Seit Tagen schiebe ich es vor mir her, mit dem Schreiben zu beginnen, weil ich ehrlich gesagt gar nicht weiß wo ich anfangen soll. Wie soll ich alle diese unzähligen Erfahrungen der letzten drei Monate in Worte fassen, so dass ihr wenigstens einen kleinen Eindruck von meinem Leben in Uganda bekommt? Am besten fang ich ganz von vorne an:

Der Traum – ein Jahr in Afrika leben und arbeiten

Alles begann mit der Faszination für Afrika, für die Musik, die Kultur und die Menschen. So war für mich schon lange klar, dass ich nach dem Abitur für längere Zeit nach Afrika gehen möchte. Als ich 2009 erfuhr dass zwei Projektpartner von EIRENE aus Uganda in Neuwied zu Gast sind, habe ich sie in unsere Schule eingeladen um ihnen die Möglichkeit zu geben, einen Vortrag über ihre Organisationen (Christine Kamiti von Child Restoration Outreach und Micheal Mwase vom Rainbow House of Hope), Uganda und Freiwilligendienste generell zu halten. Nie hätte ich gedacht, dass es genau einer dieser Organisation werden wird, in der ich für mindestens 13 Monate leben und arbeiten werde und die so ein wichtiger Teil in meinem Leben werden wird.
Seit Anfang 2011 war dann klar, ab August ich werde ich meinen Freiwilligendienst im Rainbow House of Hope in Kampala, der Hauptstadt von Uganda in Ostafrika absolvieren. Meine Entsendeorganisation ist EIRENE:

“EIRENE” – Internationaler Christlicher Friedensdienst e.V. ist eine gemeinnützige ökumenische Nichtregierungsorganisation mit internationaler Geschäftsstelle in Neuwied am Rhein. Der Name EIRENE kommt aus dem Griechischen und bedeutet “Frieden”. Seit 1957 entsendet die Organisation Fachkräfte und Freiwillige in Partnerprojekte nach Afrika, Europa, Nord- und Lateinamerika. Die Arbeitsbereiche umfassen u.a. Friedens- und Versöhnungsarbeit, Förderung von Frauen- und Menschenrechten, Umweltschutz, Migration und Flucht, interreligiöser Dialog, Begleitung von behinderten und marginalisierten Menschen sowie Unterstützung benachteiligter Kinder und Jugendlicher. Weitere Informationen gibt es unter www.eirene.org

Es folgten zahlreiche Vorbereitungen wie Impfungen, Anträge für Visum und Arbeitserlaubnis, die Zusammenstellung einer Reiseapotheke, letzte Einkaufstouren durch Koblenz und ein zweiwöchiger Ausreisekurs in Neuwied und Vallendar. Zusammen mit 19 anderen Freiwilligen, die nach Nicaragua, Costa Rica, Bolivien und Uganda ausreisen, wurde ich intensiv auf mein Auslandsjahr vorbereitet und die Vorfreude stieg ins Unermessliche… Doch dann kam die Ernüchterung: Die Ausreise ist auf unbestimmte Zeit verschoben, der geplante Flug am 8. August ist gecancellt. Schuld sind die ugandischen Behörden, die unsere Visaanträge immer noch nicht bearbeitet hatten und wir so nicht einreisen durften.
Letztendlich war es dann aber doch das Beste was mir hätte passieren können. Ich durfte eine Tanzgruppe kennen lernen, die für zwei Wochen, im Rahmen der Ruanda-Partnerschaft zwischen Haus Wasserburg in Vallendar und der Gemeinde Matimba in Ruanda, in Deutschland zu Gast waren. Die größte Überraschung war dann, dass genau diese Tanzgruppe mit uns im gleichen Flugzeug saß und wir uns erst in Addis Abeba, Äthiopien von einander verabschieden mussten. Im Frühjahr des nächsten Jahres werde ich dann sehr wahrscheinlich eine Reise nach Matimba, das glücklicherweise nah an der ugandischen Grenze liegt, unternehmen. Ich freu mich schon alle die netten Menschen bald wieder zu sehen.

Die große Reise beginnt…

Nach unzähligen Abschieden, ging es am 31. August mit gepackten Koffern und einem mulmigen Gefühl im Bauch endlich los in Richtung Flughafen Frankfurt. Dort angekommen gab es gleich erste Probleme: „Wir dürfen euch nicht einchecken, weil ihr kein Rückflugticket oder einen Nachweis für ein Langzeitvisum (was wir erst hier in Uganda bekommen werden) habt”, hieß es von den Mitarbeitern. Nach langen Diskussionen wurde dann ein provisorisches Rückflugticket gebucht und wir durften endlich doch los.
So richtig spannend wurde es dann schon im Landeanflug auf Addis Abeba, der Hauptstadt von Äthiopien, wo wir einen Zwischenstopp hatten und in das Flugzeug nach Entebbe, Uganda umstiegen. Die Landschaft sah von oben genauso aus, wie man sich Afrika in einem Bilderbuch vorstellt. Kleine runde Strohhütten inmitten tausender kleiner landwirtschaftlicher Parzellen in den unterschiedlichsten Grün- und Brauntönen.

Wie lange habe ich davon geträumt nach Afrika zu fliegen, habe Erfahrungsberichte gelesen, Fotos angeschaut und Menschen davon erzählt. Dass es jetzt wirklich soweit sein soll, kann ich noch gar nicht glauben, alles scheint so unwirklich… wie in einem Traum.

Kampala, Kampala!

In Entebbe wurden wir mit einem Kleinbus abgeholt und zum Kolping Hotel nach Kampala gebracht, wo wir die nächsten 2 Tage Einführungsseminar hatten, bevor es dann in die Projekte ging.
Die erste Fahrt durch die Stadt werde ich nie vergessen. Tausende Menschen auf den Straßen, die die verschiedensten Dinge auf ihren Köpfen transportieren, Autos, Matatus (öffentliche Kleinbusse), Taxis, Boda Bodas (Motorradtaxis)… jeder fährt wie er will, Verkehrsregeln gibt es scheinbar nicht. Es ist laut, überall läuft Musik, so viele neue Eindrücke strömen auf einen ein, dass man gar nicht weiß wo man zuerst hingucken soll. Das Gefühl, wenn man das erste Mal in Kampala ist, zu beschreiben ist einfach vollkommen unmöglich.

Das Kolping Haus ist wie eine Oase inmitten der riesigen, lauten, chaotischen Stadt, und für uns in den ersten beiden Tagen wahrscheinlich das Beste, da sonst der Kulturschock noch krasser gewesen wäre. Manchmal kann man hier fast vergessen wo man ist, wenn nicht plötzlich laut kreischende Ibisse übers Dach fliegen oder man zum Abendessen Maisbrei mit Bohnen, statt Nudeln mit Tomatensauce isst.

Am nächsten Morgen, war dann unsere erste Stadterkundung mit Jugendlichen aus dem Kawempe Youth Center geplant. Während einer kurzen Einheit zum Thema Sicherheit, bekommt Patricia, unsere EIRENE-Koordinatorin vor Ort, eine SMS von der UN, mit der Warnung, dass in der Stadtmitte heute eine Demonstration der Opposition „Action for Chance“ (A4C) geplant ist und dieser Teil der Stadt unbedingt gemieden werden sollte. Demonstrationen können hier sehr schnell, sehr gefährlich werden, da sie sofort von der Polizei gewalttätig (mithilfe von Tränengas, rosa Farbe und sogar dem Gebrauch von Schusswaffen) niedergeschlagen werden und bergen besonders für Unbeteiligte ein hohes Risiko.
Wir beschlossen also die betroffenen Stadtteile zu meiden und machten uns in Dreiergruppen und jeweils einer Begleitung mit dem Matatu auf in die Stadt.

Ein Matatu:
Ein normales Matatu bzw. (ugandisches Sammel-) Taxi in Kampala, hat 14 reguläre Sitzplätze. Meist sitzen aber weitaus mehr Menschen darin („ein Matatu ist niemals voll“). Einer von ihnen ist der Fahrer (auf der rechten Seite, weil Linksverkehr) und der Conductor, der das Fahrtziel aus dem Fenster schreit, Menschen ins Matatu zerrt, das Geld einkassiert und dem Fahrer Anweisungen gibt, wann er anhalten soll. Ein normales Matatu in Kampala, hat mindestens einen Riss in der Frontscheibe, keine funktionierende Geschwindigkeitsanzeige (ist bei diesem Verkehr auch gar nicht nötig) und irgendwelche Sprüche auf Englisch oder Luganda, auf der Heckscheibe kleben („God Bless Our Trip“, „ManUnited“, „Life is a journey of self discovery“, „You have 2 missed calls“…). Die meisten sind weiß und haben rundherum eine Art Borde aus blauen Quadraten, anhand der man sie schon von weitem erkennen kann. Um einzusteigen stellt man sich an den Straßenrand und wartet bis das nächste Matatu anhält, um auszusteigen ruft man „Massao“ oder „Stage“. Man sitzt hintereinander in vier Reihen, transportiert wird so gut wie alles (Tiere, Haushaltsgegenstände, Essen…). Der Preis ist abhängig von der Länge der mitgefahrenen Strecke und verhandelbar, für großes Gepäck muss meist extra bezahlt werden. Der Fahrstil ist, wie bei allen Verkehrsmitteln hier, beängstigend, es gibt einfach so gut wie keine Regeln.

In den folgenden drei Stunden wurden wir von unserem Führer Jonathan einmal quer durch Kampala, durch sämtliche Einkaufsstraßen, Märkte und vor allem Slums geführt.
Zu den tausend Eindrücken die gleichzeitig auf mich einprasseln, muss ich sehr darauf konzentrieren nicht in das nächste Loch in der Straße zufallen, überfahren zu werden oder den Anschluss an die Gruppe zu verlieren.
Besonders in den ärmeren Vierteln hören wir sehr viele Menschen die „Muzungu“ rufen, was soviel wie „Reisender“ auf Kiswahili bedeutet und oft Weißen hinterher gerufen wird. Es ist schon gewöhnungsbedürftig plötzlich so sehr aufzufallen, angestarrt und angesprochen zu werden.
Auch wenn ich schon in Manila (Philippinen) auf den Smokey Mountains war, bekommt das Wort Slum hier noch einmal eine ganz andere Dimension. Immer wieder stelle ich mir die Frage, wie können Menschen hier ihr ganzes Leben verbringen? Es gibt keine Kanalisation, kein sauberes Wasser, kein Strom… inmitten von Matschgruben und brennenden Müllhaufen spielen die Kinder…

Let’s go to Rainbow!

An meinem dritten Tag in Uganda, ging es frühmorgens endlich los in die Projekte. Die meisten anderen Freiwilligen wurden zum Busbahnhof gebracht, um von dort aus in ihre Projekte nach Jinja, Mbarara oder Mbale zu fahren. Ich wurde etwas später vom Leiter des Rainbow Houses, Michael Mwase, direkt am Kolpinghaus abgeholt. Schon die Begrüßung war sehr herzlich und er konnte sich sogar noch an mich erinnern (Er war damals derjenige der den Vortrag in der Schule gehalten hat).
Mein Gepäck wurde auf ein BodaBoda gepackt, mit dem er gekommen war und wir fuhren mit dem Matatu in die Stadtmitte. Beim Oldtaxipark mussten wir umsteigen und er nutze die Gelegenheit um mir eine tolle Aussicht über den ganzen Platz zu zeigen.

Wie bei so vielen anderen Dingen in Uganda, scheint es auf den ersten Blick nur chaotisch und ohne jegliche Regelung auf diesem Platz abzulaufen. Viele Dinge haben jedoch, eine für Außenstehende anfangs kaum zu begreifende, tiefere Ordnung, die man erst im Laufe der Zeit zu verstehen beginnt. Ähnliches ist mir auch in der Kommunikation von Ugandern untereinander aufgefallen. Gestik und Mimik sind ein sehr, sehr wichtiger Bestandteil von Konversationen und ein sehr großer Teil der Unterhaltung wird indirekt und ohne Worte geführt. Sehr viele Prozesse geschehen hier unter der Oberfläche, das heißt es wird nicht angesprochen oder erklärt… Es fällt mir schwer, es so zu erklären wie ich es empfinde, ich hoffe ihr versteht es trotzdem.

Mit dem Matatu ging’s dann weiter nach Nsambya, der Stadtteil Kampalas der nun für mindestens 13 Monate mein Zuhause ist. In den letzten Monaten hatte ich so viel über das Rainbow gelesen, gehört und gesehen, dass ich es nun kaum mehr erwarten konnte, alles mit eigenen Augen zu sehen, die Menschen kennen zu lernen und Teil davon zu sein.

In dem Moment in dem ich durch das Tor trete, werde ich umringt von Kindern, die alle meine Hand nehmen wollen, „welcome“ und „how are you?“ rufen. Es ist die Mädchengruppe, die sich mehrmals in der Woche trifft um traditionelle Baganda-Tänze zu erlernen, Fußball zu spielen, Breakdance zu tanzen oder momentan auch um ein Theaterstück gegen Gewalt an Kindern einzustudieren.
Die Mädchen sind wahnsinnig süß, sie fragen mich tausende Löcher in den Bauch und versuchen mir ein paar Wörter in Luganda beizubringen, bis sie irgendwann anfangen zu proben. Ein paar trommeln, alle anderen tanzen dazu. Ich bin vollkommen fasziniert.

Am Nachmittag, kamen einige Studenten des Studiengangs „Tanz, Musik und Theater“ der Makerere University Kampala ins Rainbow, um mit den Kindern einen Workshop zu machen. In kleinen Gruppen wurde dann den ganzen Nachmittag musiziert, getrommelt, gesungen, getanzt und Gedichte geschrieben, um das Gelernte am Ende des Tages vor allen anderen aufzuführen.

Die ersten Tage im Projekt

In den folgenden zwei Wochen bekam ich die Möglichkeit alles kennen zu lernen und mich ein zu gewöhnen, bevor ich dann nach dem vierwöchigen Luganda-Sprachkurs (die meistgesprochene Sprache hier in Kampala bzw. im Königreich Buganda und eine von mehr als 30 Sprachen in Uganda) begann richtig mitzuarbeiten.

Im Laufe der folgenden Tage bekomme ich langsam Orientierung in Nsambya. Ich lerne den Weg vom neuen Haus (wo die Freiwilligen und auch ein paar Ugander wohnen) zum alten Haus (wo das Office/Büro ist) alleine zu finden, ich weiß wo es die besten Chapati (*Erklärung folgt) zu kaufen gibt und welcher Rolex*-Verkäufer am schnellsten zu erreichen ist, wie viel ein BodaBoda nach Kabalagala kostet oder von wo man ein Matatu in Richtung Innenstadt bekommt. Nsambya ist ein riesiger (teilweise slumähnlicher) Stadtteil, von dem ich bis jetzt nur einen kleinen Teil am äußersten Rand kennen gelernt habe. Die Wege sind nicht asphaltiert (wie die meisten Straßen in Uganda, bis auf die Hauptverkehrsachsen) und bei Regen fast unpassierbar.

An jeder Ecke gibt es kleine Shops, die entweder Obst und Gemüse, kleine Snacks oder die wichtigsten Dinge für den Alltag (Wasser, Mehl, Bohnen, Klopapier, Salz, Sodas (Coca-Cola, Fanta…), Airtime etc.) verkaufen.
Überall spielen Kinder, Hühner und Ziegen laufen herum, Frauen waschen Wäsche oder kochen Essen auf kleinen Kohlekochern (Sigiri). Im Vergleich zur Innenstadt ist es schön ruhig und nicht so hektisch. Die wichtigsten Dinge kann man zu Fuß erledigen und auch in die Stadt, wo man alles bekommt, ist es mit dem Matatu nicht weit.

Chapati und Rolex:
Chapati sind kleine Teigfladen aus Wasser, Mehl und Salz die es an jeder Straßenecke zu kaufen gibt. Man kann sie pur, mit Avocado, Tomaten, Zwiebeln oder Paprika, mit Bohnen oder auch als Rolex essen, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Rolex ist kurz für „Rolled Eggs“ also „Gerollte Eier“ und ist für viele Ugander ein kleiner Snack für zwischendurch, den es auch überall zu kaufen gibt. Zwei Eier werden zusammen mit Zwiebelstückchen und Tomaten, manchmal auch mit Krautsalat auf einer heißen Platte gebraten und anschließend in ein Chapati eingerollt. Sehr lecker!

Jeden Montagabend findet im National Theater eine öffentliche Jamsession statt. Jeder der möchte, kann auf die Bühne kommen und etwas zu singen, zu tanzen oder ein Instrument spielen. Ich bin jedes Mal aufs Neue fasziniert, wie talentiert viele junge Menschen hier sind. Einer der häufig dort auftritt, sieht aus wie Bob Marley mit seinen Dreadlocks und spielt auch ausschließlich seine Songs. Ich bin begeistert!

Ich lerne nicht nur die Umgebung und die Menschen im Laufe der Zeit besser kennen, sondern auch die zahlreichen Aktivitäten im Rainbow. So gibt es zum Beispiel die Rainbow Brassband, die sich mehrmals in der Woche zum Proben trifft und am Wochenende häufig bei verschiedenen Anlässen auftritt. Dazu gehören zum Beispiel sämtliche Festivitäten wie Hochzeiten, Familienfeiern, Abschlussfeiern oder auch Demonstrationen und Festumzüge. Bei Wahlkampfveranstaltungen haben sie auch schon häufiger für den Präsidenten Museveni gespielt und einmal sind sie sogar von Entebbe bis nach Kampala marschiert, als die Queen von England zu besuch kam.
Die Mädchengruppe besteht aus ca. 30 Mädels die sich auch regelmäßig mehrmals die Woche treffen, um wie schon beschrieben, zu tanzen, Theater zu spielen oder einfach Spaß zusammen zu haben.
Täglich treffen sich ca. 10 junge Frauen des Tailoring (Schneider-) Workshops, um unter professioneller Anleitung zu lernen wie man Kleider näht oder repariert, um später vielleicht mal ein eigenes Einkommen dadurch erwirtschaften zu können.
Weiterhin gibt es noch drei Rainbow Fußballmannschaften, die sich auch täglich zum Trainieren treffen und schon zahlreiche Turniere erfolgreich gewonnen haben.
Ab und an, wie jetzt momentan vor Weihnachten, gibt es Workshops in denen Crafts (Ketten, Armbänder, Grußkarten, Schlüsselanhänger etc.) selbst hergestellt werden, um sie später, hauptsächlich in Deutschland zu Fundraisingzwecken zu verkaufen.
Seit ca. 1 ½ Monaten findet ein Carpentry-Workshop (Tischler Workshop) unter Anleitung zweier junger deutscher Zimmermänner, gefördert von der GIZ (Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit), statt. Zusammen mit Jugendlichen aus dem Rainbow werden Möbel, wie kleine Hocker für den Tailoring-Workshop oder Bänke für die Brassband hergestellt, dass sie eventuell später auch Möbel zum Verkauf selber herstellen können.
Jeden Freitag finden die Breakdancelessons statt, in der die Kinder lernen zu amerikanischer HipHop Musik zu tanzen.
Das Schoolfeefund-Project ermöglicht es mittlerweile 71 Kindern, durch Unterstützung von Sponsoren (hauptsächlich aus Deutschland) in die Schule gehen zu können. Diese bezahlen zumindest einen Teil der nötigen Schulgebüren und bekommen im Gegenzug regelmäßig Nachricht über die Leistungen und das Wohlbefinden des Kindes.
Zusätzlich zu diesen regelmäßigen Angeboten kommen zahlreiche einmalige oder teilweise spontane Aktivitäten oder Aktionen.

Das Rainbow House of Hope wurde 1998 gegründet um sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche in Kampala zu unterstützen und ihnen eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
Mittlerweile zählt das Rainbow mehr als 400 registrierte Kinder und Jugendliche, wovon ca. 70-80 regelmäßig an Aktivitäten und Angeboten teilnehmen.

Zur gleichen Zeit in der ich meinen Freiwilligendienst begonnen habe, hat auch das dritte Trimester (in Uganda besteht ein Schuljahr aus drei Trimestern, dazwischen ist jeweils immer ein Monat Ferien) begonnen und alle Kinder gingen zurück in ihre Schulen. Ich begleite mit Christine, die im Rainbow arbeitet und Julian, einem anderen Freiwilligen, einen der kleinen Jungen die im Rainbow wohnen, zu seiner Boardingschool (Internat).
Es handelte sich um eine Primary School (erste bis siebte Klasse), etwas außerhalb von Kampala in Richtung Jinja.
Im Schlafsaal der Jungen stehen mehr als 25 Betten mit jeweils drei Etagen, also insgesamt mehr als 75 Betten in einem Raum! Die Matratzen müssen selber mitgebracht werden.
Ähnlich ist es in den Waschräumen, es gibt einfach keine Privatsphäre. In einem Klassenraum sitzen bis zu 120 Kinder, jeweils zu viert an einem Tisch.
Die Kinder dort sehen fast alle gleich aus. Kurz geschorene Haare, egal ob Junge oder Mädchen und Schuluniform in der Farbe der Schule. Mädchen dürfen noch nicht einmal Ohrringe tragen.
Jeden Morgen müssen die Kinder um 5 Uhr aufstehen zum Morgengebet, dann gibt es eine Tasse Porridge (Hirse mit Wasser aufgekocht). Dann ist Unterricht bis zum Mittagessen, wo es jeden Tag Maisbrei mit Bohnen gibt. Im Anschluss daran ist wieder Unterricht bis um 10 Uhr abends.
Natürlich sind diese beschriebenen Zustände nicht in allen ugandischen Schulen gleich.
Es gibt auch solche mit deutlich besseren Zuständen, mit weniger Schülern in einem Raum und nicht so strengen Regeln. Trotzdem wird mir immer wieder bewusst, wie glücklich wir sein können, dass wir in Deutschland zur Schule gehen durften. Einerseits auf die beschriebenen Zustände, andererseits auch auf die Inhalte und die Art des Unterrichtens in Uganda bezogen. Darauf werde ich aber erst im nächsten Rundbrief näher eingehen.

Als ich einen Morgen ins Office laufen möchte, treffe ich Christine die mir aufgeregt erzählt, dass diese Nacht die Solarzellen vom Dach des neuen Hauses gestohlen wurden. Tatsächlich ist nur noch das leere Gerüst zu sehen, an dem diese einmal befestigt waren. Keiner hatte diese Nacht etwas gehört und auch ich habe nichts gemerkt. Das Gefühl, dass nachts fremde Menschen auf dem Dach waren und ein ganzes Solardach abschrauben, ohne dass man das merkt, ist schon gruselig. Fürs Rainbow ist das ein riesiger Verlust. Leider kann man auch auf die Hilfe der Polizei nicht hoffen, da diese sowieso erst etwas tun, wenn man ihnen Geld dafür gibt…

Am ersten Sonntag im Rainbow, darf ich gleich an einer „Function“ (eine Art Auftritt, bei dem durch die Straßen marschiert wird) der Rainbow Brassband teilnehmen.
Mit sage und schreibe 23 Leuten + Instrumenten (Tuba, Basstrommel, etc.) in einem Matatu machen wir uns auf, zur evangelischen Kirche in Muyenga, die heute ein Fest feiert und die Brassband für einen Straßenumzug engagiert hat. Drei Stunden laufen wir durch halb Kampala, die Brassband vorneweg, begleitet von bunten Fahnen und tausenden Kindern die sich uns im Laufe des Weges angeschlossen haben.

Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen in den nächsten Monaten wird es sein, der Brassband beim Proben zuzuschauen. Immer wieder bin ich begeistert davon, wie gut die sind und es macht einfach riesigen Spaß ihnen beim Spielen zuzusehen.

Am letzten Wochenende vor dem Sprachkurs fand im National Theater ein riesiges, Musikfestival statt, das wir, alle EIRENE-Freiwilligen, zusammen besuchten: „Bayimba – International Festival of the Arts”. Drei Tage Festival mit unterschiedlichster Musik aus Ostafrika. Von HipHop über moderner afrikanischer Musik, bis hin zu traditioneller Musik. Darum herum viel Tanz, Kunst und Verkaufsstände mit Taschen, Schmuck, schön gestaltete Schuhen, Stoffen und so weiter.

Musiibye mutyanno Bassebo ne Bannyabo? – Vier Wochen Luganda-Sprachkurs

Wenn man ca. eine Stunde nach Osten, in Richtung Jinja fährt kommt man nach „Seeta“, eine für ugandische Verhältnisse mittelgroße Stadt, die für vier Wochen, während des Sprachkurses mein Zuhause war. Meine Gastmutter hat mehrere Söhne, die jedoch alle nicht mehr zuhause wohnen und schon studieren bzw. arbeiten. Außer ihr wohnen noch ihre Mutter, die mittlerweile 86 Jahre alt ist und leider sehr schwer an Alzheimer leidet und zwei Hausmädchen im Haus. Die Hausmädchen und auch die Großmutter sprechen so gut wie kein Wort Englisch, weshalb ich mich im Unterricht besonders anstrengen musste, um mich wenigstens ein bisschen mit ihnen unterhalten zu können.
Nachdem ich am ersten Tag mein Zimmer bezogen hatte, sollte ich zum nachmittäglichen Tee trinken erscheinen. Bevor das jedoch geschah, wurde ich in eines der wichtigsten, wenn nicht sogar der wichtigsten Grundsätze der ugandischen Kultur eingeführt: das Grüßen.
Kinder und Frauen knien vor Männern und älteren oder ihnen höher gestellten Personen nieder. Mir ist das schon ein paar Mal im Rainbow aufgefallen, als ein paar der Mädchen aus der Mädchengruppe sich plötzlich hinknieten und fragten wie es mir geht. Mir war das jedes Mal ganz schön unangenehm, aber noch unangenehmer wurde es mir, als ich aufgefordert wurde, das Gleiche nun bei der Großmutter und auch meiner Gastmutter zu tun. Und zwar ab sofort jeden Tag. Schöner Kulturschock.
Außer den genannten Personen wohnen noch vier Ziegen und mehrere Hühner im bzw. eher am Haus.

Mit BodaBoda und Matatu fuhr ich nun jeden Morgen ca. eine halbe Stunde zum Nationalstadion („Nelson Mandela Stadium“ oder „Namboole“), wo der Sprachkurs stattfand. Wir lernten tausende verschiedene Begrüßungsfloskeln (sehr wichtig in Uganda!!), wie man sich höflich vorstellt und von seiner Familie erzählt, wie man Essen bestellt, mit einem Bodafahrer verhandelt und einfach die wichtigsten Sätze für den Alltag („Sikutegedde“, „Yogera mpola mpola“… hahaha). Und natürlich nicht zu vergessen die Grammatik, die so anders ist als die der lateinischen Sprachen. Zahlen und Adjektive richten sich beispielsweise nach dem Substantiv auf das sie sich beziehen und verändern sich je nach dem. Das Grundprinzip dieser Sprache ist, glaube ich, nicht schwierig, man muss sich nur einfach dran gewöhnen und diese Wörter, die so anders klingen als alles was man je gehört hat, im Kopf behalten können.
Als wir die Wörter für Essen lernten, hat unsere Lehrerin sogar den halben Markt mit ins Stadion gebracht. Obst, Gemüse, getrocknete Fische, Gewürze etc., sollen wir dann auf Luganda nennen und dürfen es im Gegenzug (wenn möglich) essen.

EIRENE und eine ugandische Frauenrechtsorganisation (Action for Development, ACFODE), für die auch Patricia unsere Koordinatorin vor Ort arbeitet, hatten anlässlich des internationalen Weltfriedenstages zu einer Friedensdemonstration aufgerufen, an der auch alle EIRENE-Freiwilligen teilnahmen. Das Beste war, dass die Rainbow Brassband sowie die Mädchengruppe auch Teil der Aktion waren.
Ganz früh morgens mache ich mich mit dem Matatu auf in Richtung Railwayground (Bahnhof), von wo aus der Marsch starten soll. Kaum bin ich angekommen, werde ich von den ganzen Mädchen umringt und auch von den anderen ganz herzlich begrüßt.

Begleitet von der Brassband und etlichen Schulklassen marschieren wir 2 ½ Stunden vom Railway Ground über die Entebbe Road bis nach Bukoto zur Geschäftsstelle von ACFODE, wo dann den ganzen restlichen Tag ein großes Fest mit Livemusik und Bühnenprogramm stattfand.
Auch die Rainbow Mädchengruppe durfte zum ersten Mal ihr neues Theaterstück gegen Gewalt an Kindern öffentlich vorführen und die Menschen zur Diskussion anregen.
Ich bin wahnsinnig verwirrt, als die Menschen zu lachen beginnen, wenn verschiedene Szenen nachgespielt werden, in denen Kinder geschlagen werden oder schwere Arbeit verrichten müssen. Vielleicht ist es eine gewisse Verlegenheit, weil (fast) jeder diese Situationen aus der eigenen Familie kennt… ich weiß es nicht.

Später entschließe ich mich im Rainbow zu übernachten, da es zu gefährlich ist im Dunklen noch so weit bis nach Seeta zurückzufahren. Am nächsten Morgen mache ich mich dann ganz früh auf in Richtung Namboole. Mit dem BodaBoda fahre ich zum OldTaxiPark, einmal quer durch den Berufsverkehr der Riesenmetropole Kampalas. Das Gefühl ist unbeschreiblich. Von Nsambya, wo das Rainbow House ist, geht es den Berg hinunter geradeaus auf die Skyline Kampalas zu, die noch in morgendlichen Smog gehüllt, so langsam von den ersten Sonnenstrahlen beleuchtet wird. Tausende Menschen, Fahrzeuge, Geräusche… ich bin in Afrika. Und sehr glücklich.

Am folgenden Freitag stand dann für alle Freiwilligen der Gang zur Immigrationoffice an.
Nach den Schwierigkeiten der letzten Monate bezüglich der Visa hatten wir nicht erwartet dass es einfach wird. Trotzdem ist es ärgerlich von einem Büro zum anderen geschickt zu werden, stundenlang (scheinbar für nichts) warten zu müssen oder weggeschickt zu werden, um später oder an anderen Tagen noch mal wieder zu kommen. Wenn man nachfragt warum, wird nur gelacht. So läuft es eben mit der Bürokratie in Uganda.
Wir vier Mädels hatten dabei noch am meisten Glück. Unsere Anträge waren (nachdem sie Anfang Mai eingereicht wurden) endlich, Ende September, genehmigt. Einige der Jungs hatten da mehr Probleme. Vince, der unglücklicherweise auch noch seinen Reisepass in Mbarara vergessen hatte, musste das Wochenende darauf unfreiwilligerweise eine Reise nach Ruanda unternehmen, um aus und wiedereinzureisen und ein neues Touristenvisum zu bekommen. Das war keineswegs so spannend wie es klingt, als er abends von der ugandischen Grenze aus wieder einen Bus zurück nach Mbarara nehmen wollte, hieß es, dass die nächsten 24 Stunden hier keiner mehr fahren würde und der nächste Ort auch nicht zu Fuß in erreichbarer Nähe sei. So musste er gezwungenermaßen eine Nacht im Freien und im strömenden Regen, zwischen den Grenzen zu Uganda und Ruanda verbringen, weil auch der Grenzbeamte ihn nicht in seine kleine Hütte lassen wollte.

In der Gastfamilie habe ich nicht nur die wichtigsten Aspekte der ugandischen Höflichkeit gelernt, sondern auch typisches ugandisches Essen zu kochen. Jeden Abend um Punkt neun Uhr gab es entweder Kochbananen (Matooke), Reis (Omuceere), Maisbrei/Posho (Akawunga) oder Kartoffeln (Obumonde Obuzungu) mit verschiedenen spinatähnlichen Pflanzen (Nakati/Ddodo), Erdnusssauce (Ebinyeebwa), Bohnen (Ebijanjaalo) oder Erbsen (Kawo) und Sonntags auch mal Huhn (Enkoko) oder Rindfleisch (Enyama y’ente).

We go, we go, Uganda Cranes, we go!!

Anfang Oktober stand das letzte und alles entscheidende (Fußball-)Qualifikationsspiel gegen Kenia für den Africa Cup of Nations statt. Sollte die ugandische Mannschaft gewinnen, wären sie, seit 34 Jahren, zum ersten Mal wieder qualifiziert. Nun fiebert das ganze Land dem großen Tag entgegen und wir sind (so richtig) mittendrin. Wie ich schon erwähnt hatte, findet unser Luganda-Sprachkurs im Nationalstadion „Namboole“ statt. In der Woche bevor dem Match, trainierte nun die Nationalmannschaft „Uganda Cranes“ (Crane = Kranich, der Kronenkranich ist das Nationaltier Ugandas) täglich und wir saßen in unseren Teepausen am Spielfeldrand und schauten zu.
Zwei Tage vor dem Match, stattete der ugandische Premierminister (die zweithöchste Person in der Regierung nach Museveni) der Mannschaft einen Besuch ab, um ihnen viel Glück zu wünschen. Ein riesiges Aufgebot an Journalisten war auch angereist und ehe wir uns versahen, waren die Bazungu in Ugandatrikots spannender als der Premierminister. Alle großen ugandischen Tageszeitungen, sowie Fernsehsender hatten plötzlich großes Interesse uns zu fotografieren, zu filmen und sogar zu interviewen.
Die Ergebnisse konnten wir dann in den nächsten Tagen in der Presse verfolgen. Es begann Donnerstagabend mit unserem Fernsehinterview bei UBC, ging Freitagmorgen weiter mit (zum Glück nur) einem Foto in der New Vision und endete Samstagmorgen mit einem halbseitigen Interview im Daily Monitor und einem schrecklichen Bericht in der Red Pepper (die ugandische BILD-Zeitung). Ganz zu schweigen von all den Fotografen, die wir nicht nach ihrem Auftraggeber gefragt haben.


“What do you want to tell the Fans of Uganda Cranes?“
“We are going to win!!!”

Hinzuzufügen ist, dass das meiste was geschrieben wurde (besonders in Red Pepper, die uns auf Nachfrage erzählten, sie seien von New Vision und wir ihnen einzig und allein unsere Namen genannt haben) von uns so nicht gesagt wurde. Das lässt auch an dem Wahrheitsgehalt aller anderen Artikel in den ugandischen Tageszeitungen zweifeln.
Nachdem wir nun die Nationalmannschaft fast persönlich kannten und von der ugandischen Presse als die Megafans präsentiert wurden, durften wir uns das Fußballspiel am Samstag natürlich nicht entgehen lassen. Bei dem Versuch an Tickets zu kommen (die komischerweise nur an Tankstellen und zu sehr unregelmäßigen Zeiten verkauft wurden), kamen wir einmal mehr in Berührung mit der ugandischen Mentalität und vor allem (leider) auch der Korruption. Nachdem offiziell alle Karten an der Shell-Tankstelle Kireka ausverkauft waren, führte man die Bazungu in ein kleines Hinterzimmer und bot ihnen die Karten zu einem höheren Preis als üblich an. Wir lehnten höflich ab. Als am nächsten Tag immer noch nicht genug Karten verfügbar waren, machten sich ein paar von uns auf, um von Tankstelle zu Tankstelle in Town zu laufen, in der Hoffnung irgendwo doch noch Glück zu haben. Das hatten wir dann nach stundenlangem Warten sogar und alle hielten glücklich ihre Tickets in den Händen… bis zum Morgen des großen Tages. Da kam leider die enttäuschende Nachricht von EIRENE, dass eine Terrorwarnung für das Fußballspiel und alle Bars in Kampala die das Spiel übertragen, besteht.
Al-Shabaab, eine islamistische Gruppierung aus Somalia, die die dortige Übergangsregierung bekämpft, hatte grade eine Woche vorher ein Bombenanschlag in Somalia und vor ca. einem Jahr (während der Fußball-WM) auch mehrere in Kampala verübt, bei der mindestens 74 Menschen ums Leben kamen (die ugandische Regierung unterstützt die Friedensmission der Afrikanischen Union in Somalia).
So ganz plötzlich wird einem dann wieder bewusst, wo man sich befindet. Sicherheit geht definitiv vor und wir verschenken/verkaufen alle unsere (hart erkämpften) Tickets.
Am Tag des Spiels hatte man das Gefühl ganz Kampala dreht durch. Egal wo man hinschaut, Fahnen, Trikots und ohrenbetäubende Vuvuzelas und das wo das Spiel noch nicht einmal begonnen hatte. Man könnte meinen Uganda wäre gerade Fußballweltmeister geworden.
Letztendlich haben wir das Spiel dann in einem kleinen Elektrozubehörshop geguckt. Das Spiel endete 0:0 womit sich beide Mannschaften nicht für den Africa Cup qualifizierten. Schade.

Let’s go, BACK to Rainbow!

Nachdem die vier Wochen Sprachkurs auch schon wieder vorbei waren, bringt mich meine Gastmutter zurück ins Rainbow, wo an diesem Tag gleich zwei Theateraufführungen der Mädchengruppe stattfanden.


Szenen in denen Kinder misshandelt werden, werden nachgespielt

In den folgenden Wochen bzw. Monaten begann ich meine Arbeit im Rainbow. Ich erstelle den Newsletter „Childrens Voice“ („Stimme der Kinder“) und entwickele ein neues Layout, betreue Besucher, die für ein paar Tage im Rainbow zu Gast sind, nehme an Meetings teil, besuche Rainbow Mitglieder in der Schule um ihre Leistungen zu überprüfen (das auch in Zukunft eine meiner Hauptaufgaben sein wird) und helfe überall wo ich gebraucht werde.
Zusammen mit Eike, einem anderen EIRENE-Freiwilligen, der in der Nähe in einer Gartenbauschule arbeitet und seit ein paar Wochen auch im Rainbow wohnt, bringe ich den Garten am neuen Haus ein bisschen auf Vordermann. Wir pflanzen Bohnen, Erbsen, Mais, Tomaten, Kürbis und ein paar Kräuter.

Im November haben wir noch reichlich Muzungu Zuwachs im Rainbow bekommen: Philipp und Moritz, die für 1 ½ Monate einen Tischlerworkshop leiten und Julian, der bis März bleiben wird. Außerdem wohnte auch noch Peter aus Jinja, für ein paar Wochen hier um die Jungs beim Tischlerworkshop zu unterstützen. Bei der Gelegenheit hab ich auch noch ein bisschen Zeichensprache gelernt, er war nämlich taubstumm.
Bei so vielen Mitbewohnern lohnt es sich auch richtig abends zusammen zu kochen, was in letzter Zeit eine unserer Lieblingsbeschäftigungen geworden ist. Daraus ist dann auch die Idee entstanden, ein Kochbuch für Freiwillige in Uganda zu erstellen. Wir sind fleißig am Rezepte überlegen, aufschreiben und Resultate fotografieren.

Passend dazu haben wir auch begonnen, für das geplante Rainbow-Kochbuch zu kochen. Jede Woche werden typische ugandische Rezepte ausprobiert und niedergeschrieben. Am Ende soll ein Buch, kombiniert mit Texten über die ugandische Kultur, sowie Bilder von den Kindern, erstellt werden, das dann zu Fundraisingzwecken in Deutschland gedruckt und verkauft werden soll.

Ein Wochenende wurde ich zu einer sehr traditionellen Introduction nach Mbarara, in den Westen Ugandas eingeladen. Christine hat ihrer Familie zum ersten Mal ihren zukünftigen Ehemann vorgestellt und die Eltern haben über den Preis verhandelt, den die Familie der Frau als Gegenleistung von der Familie des Mannes bei der Hochzeit bekommt. Geeinigt wurde sich dann letztendlich auf sechs Kühe und eine Million Uganda Shilling.

An einem anderen Wochenende sind wir, die Rainbow Freiwilligen, zusammen mit Choko einem der Jugendlichen aus dem Rainbow zu seiner Familie ins Village, in der Nähe von Bweyale, ca. 3 Stunden mit dem Bus nach Norden, gefahren. Ganz nach der klassischen Vorstellung von Afrika, leben die Menschen noch in kleinen Hütten mit Strohdach, ohne Strom, mit Wasser aus dem Brunnen und von dem was sie selber anbauen.

Jeden Monat findet im Rainbow ein „Social Gathering“ statt, bei dem alle Eltern und Freunde der Kids eingeladen werden und die regelmäßigen Aktivitäten präsentiert werden. Dieses Mal wurde auch noch Besuch aus Deutschland erwartet. Die Brassband zog, gefolgt von hunderten Kindern durch Nsambya, die Mädchengruppe präsentierte ihre Tänze und das Theaterstück, die Fußballer zeigten ein paar Tricks, die Clowns traten auf und am Ende wurde ausgiebig zur Musik getanzt. Zur Krönung des schönen Tages erschien ein riesiger Regenbogen über dem Rainbow, einen besseren Zeitpunkt dafür hätte es nicht geben können.

Auch wenn die Weihnachtsstimmung aufgrund der hohen Temperaturen noch ausbleibt, laufen die Vorbereitungen schon auf Hochtouren. Am 23. Dezember findet im Rainbow eine große Weihnachtsparty statt, für die die Brassband schon fleißig übt, wir mit den Kindern ein Krippenspiel einstudieren und sogar „Stern über Bethlehem“ singen. Es ist wahnsinnig süß, wenn man den Kindern dabei zuschaut wie sie immer wieder das Lied vor sich hin singen und versuchen die deutschen Worte richtig auszusprechen. Dann sind wir auch dabei einen Lehmofen zu bauen, um hoffentlich noch rechtzeitig für die Feier richtige Weihnachtsplätzchen backen zu können.
Weil die Mangosaison gerade begonnen hat, wollen wir auch noch Mangomarmelade kochen (vielleicht auch noch Ananas und Passionsfrucht), um sie bei der Gelegenheit zu verkaufen.

Mittlerweile wohne ich seit mehr als drei Monaten in Uganda und fühle mich schon richtig zuhause in Kampala und besonders im Rainbow. Die Menschen sind sehr freundlich und aufgeschlossen und haben mich sehr herzlich aufgenommen. Das Rainbow ist, mit seinen Bewohnern und all den Kindern schon fast wie eine richtige Familie für mich geworden.

An dieser Stelle möchte ich meinen Rundbrief beenden, der so viel länger geworden ist als ich es vorhatte und das obwohl noch so viele Dinge in meinem Kopf darauf warten nieder geschrieben zu werden. Aber es folgen ja noch mehr Rundbriefe in den nächsten Monaten…

Ich möchte mich ganz, ganz herzlich bei all den lieben Menschen bedanken die sich für mich und meinen Freiwilligendienst interessieren, mir Mails oder SMS schreiben, anrufen oder einfach an mich denken. Es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass so viele Leute hinter mir und dem Auslandsjahr stehen.
Ganz besonders möchte ich auch den Menschen in meinem Unterstützerkreis danken, ohne euch wäre das alles gar nicht möglich geworden!

Wer sich noch mehr für das interessiert was ich so erlebe, kann das noch etwas ausführlicherer in meinem Blog nachlesen: http://lenaheuer.wordpress.com

Mehr Informationen über das Rainbow House of Hope und auch die aktuellen Newsletter (von mir erstellt) findet ihr auf: http://www.rainbowhouse.info

Und wen jetzt die Begeisterung für Uganda gepackt hat, der darf mich auch jederzeit besuchen kommen. Immerhin wurde Uganda grade zum Reiseland 2012 im Lonely Planet Ranking gewählt.
Das Rainbow House steht euch immer offen und ich freue mich riesig über Besuch.

Bis dahin, fühlt euch gedrückt und ganz liebe Grüße aus Kampala,
Eure Lena

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Brief Nummer 2: Rainbow House of Hope Uganda, Nsambya, Kampala (15.07.2011 – 30.09.2012)

Liebe Freunde, Verwandte und Unterstützer und alle, die sich für meinen Freiwilligendienst interessieren,

vor ein paar Tagen bin ich, wie so oft, durch die Straßen von Nsambya gelaufen, als mir ein kleines Haus mit einem riesigen Mangobaum davor aufgefallen ist. Ich war so beeindruckt von dem Baum, dass ich mir überlegt habe, sollte es das Schicksal so wollen und ich würde eines Tages einmal in Afrika wohnen, ich würde auch so einen schönen Mangobaum vor meinem Haus pflanzen. Menschen könnten in seinem Schatten sitzen, sich unterhalten, Kinder könnten spielen, im Baum klettern… ein Treffpunkt, wo jeder Willkommen ist.
Dann habe ich weiter nachgedacht. Warum ist mir diese Idee nie in Deutschland gekommen? Zum einen wäre es meistens viel zu kalt oder zu nass, um vor dem Haus zu sitzen und zum anderen würden die meisten Menschen keinen Baum vor dem Haus pflanzen. Man sitzt bevorzugt alleine im umzäunten Garten hinter dem Haus oder bei schlechtem Wetter im Haus vor dem Fernseher.
Und je mehr ich in den folgenden Tagen darüber nachgedacht habe, desto mehr habe ich realisiert, dass genau das einer der Hauptgründe ist, warum ich mich hier in Uganda so wohl fühle.
Das Miteinander der Menschen ist so anders als in Deutschland. Das Leben findet hauptsächlich draußen, auf der Straße statt und man verbringt viel mehr Zeit mit Freunden oder Familie.
Klar, kann man beide Kulturen nicht so verallgemeinern, es gibt immer Ausnahmen und auch die afrikanische Mentalität birgt seine Nachteile, aber insgesamt ist das Leben hier, was soziale Kontakte betrifft ganz anders, nicht nur auf das Zusammen-Zeit-verbringen bezogen.
Und das ist wohl eines der Dinge die ich am meisten vermissen werde, wenn ich wieder zurück in Deutschland bin…

Tausende solcher Gedanken, über mein Leben hier, über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten, über Probleme, Lösungen, Fragen und Antworten schwirren in meinem Kopf herum und möchten am liebsten sofort aufgeschrieben werden. Dann würde aber auch dieser, mein zweiter Rundbrief aus Uganda so endlos lang werden, dass ihn keiner mehr lesen mag.
Ich versuche mich deshalb auf das Wesentliche zu beschränken und wünsche ich euch viel Spass beim Lesen und Miterleben!

Wie die meisten von euch wissen, absolviere ich momentan einen 13-monatigen Freiwilligendienst in Uganda in Ostafrika. Meine Einsatzstelle ist das Rainbow House of Hope (RHU) in Nsambya, einem Stadtteil der Hauptstadt Kampala, das sich für benachteiligte Kinder und Jugendliche einsetzt. Viele kommen aus sehr armen Familien, sind Flüchtlinge aus Ruanda, dem Sudan oder Kongo oder Waisen bzw. Halbwaisen.
Das RHU versucht durch Musik, Sport, Talentförderung, Beratung und Bildung die Kinder und Jugendlichen zu fördern, um ihnen eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
Neben vielen verschiedenen Workshops und Angeboten (traditionelle afrikanische Tänze, Brassband, Schmuck herstellen, Schneidern, Tischlern, Theater spielen, Fußball spielen, etc.) gibt es einen Schulgeldfonds, der es mittlerweile über 70 Kindern und Jugendlichen ermöglicht in die Schule zu gehen.

Weihnachten in Uganda

Dort, wo der letzte Rundbrief aufgehört hat, beginnt dieser in chronologischer Reihenfolge: mit Weihnachten.
Wie ist es zum ersten Mal in seinem Leben so weit weg von zuhause, in Afrika Weihnachten zu feiern? Gibt es Unterschiede zu Advent und Weihnachten in Deutschland?
Einen Tag vor Heiligabend fand im Rainbow die grosse Weihnachtsfeier statt. Es gab einen echten Weihnachtsbaum, mit Luftballons und bunten Schleifen geschmückt, ein Krippenspiel, Weihnachtslieder von der Brassband, einen riesigen „Weihnachts“-kuchen, eine Modenschau und auch die im frisch fertig gebauten Lehmofen gebackenen Plätzchen waren in Null-Komma -Nichts verschwunden. Für die meisten Kinder war es etwas ganz besonderes so Weihnachten zu feiern, denn oft ist kein Geld für eine große Feier da, ganz zu schweigen von Geschenken. Der einzige Unterschied für die meisten Familien hier ist es einmal im Jahr Fleisch zu essen, im Gegensatz zum täglichen Maisbrei mit Bohnen.

Am 24. Dezember habe ich mich dann mit Eike, einem anderen Freiwilligen von EIRENE, auf den Weg gemacht, vorbei an Zebraherden und über den Äquator nach Mbarara, einer Stadt im Westen Ugandas, um mit den anderen Freiwilligen zusammen Weihnachten zu feiern.
Da war dann auch richtig schön. Es gab tolles Essen, einen Ausflug zum Schwimmbad von Mbarara und am zweiten Weihnachtsfeiertag ging es in den wunderschönen Nationalpark vom Lake Bunyonyi.

Zwischenseminar in Kampala

Jetzt, Anfang April ist schon über die Hälfte von unserem Freiwilligendienst vergangen, weshalb Mitte Januar das Zwischenseminar fuer alle EIRENE-Freiwilligen in Uganda stattfand. Vier Tage lang haben wir in Kampala reflektiert, evaluiert und neue Anregungen für unsere Arbeit im Projekt bekommen. Es war schön, mal wieder die ganze Uganda-Gruppe zusammen zu sehen und Erfahrungen auszutauschen, was sonst aufgrund der relativ grossen Entfernungen untereinander nicht so haufig möglich ist.

Meine Arbeit im Rainbow

Das Rainbow House of Hope ist ein Projekt, was sehr offen gegenüber neuen Ideen und vorallem gegenüber Eigeninitiative ist. Anfangs mag es deswegen vielleicht etwas schwierig sein, seinen eigenen Aufgabenbereich zu finden und auch ich hatte manchmal das Gefühl, alles oder eben auch nichts machen zu können. Im Laufe der Zeit hat sich dann aber immer mehr ergeben, sodass ich mittlerweile jeden Abend müde und erfüllt ins Bett gehe.

Zu meinen regelmäßigen Aufgaben zählt also, wie auch schon im letzten Rundbrief geschrieben, der von meiner Vorgängerin ins Leben gerufene Rainbow Newsletter „Childrens Voice“. Mit einem neuen Layout und ein paar neuen Ideen, erscheint er jetzt weiterhin jeden Monat und kann unter anderem auf der Rainbow Website im Internet nachgelesen werden:
www.rainbowhouse.info

Außerdem gebe ich seit Anfang des Jahres, einigen der älteren Jugendlichen zwei Mal die Woche Deutschunterricht. Auch wenn sie die Sprache vielleicht nie wirklich brauchen werden, bringt es enorm viel für das gegenseitige Verständnis zwischen den beiden Kulturen. Außerdem diskutieren wir im Unterricht auch viel über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede hier und in Deutschland. Meine Schüler sind sehr motiviert und versuchen, wo immer es möglich ist, ihre neu gelernten Kenntnisse anzuwenden. Es macht Spaß die schnellen Fortschritte zu beobachten.


Einige meiner Deutsch-Schueler

Von Montag bis Freitag helfe ich jeden Morgen beim Crafts-Workshop mit, in dem Ketten, Armbänder, Ohrringe und Schlüsselanhänger hergestellt werden, um sie später zu Fundraisingzwecken (unter anderem in Deutschland) zu verkaufen.

Neben den regelmäßigen Aufgaben, schreibe ich auch ab und an Berichte für Sponsoren oder Anträge für finanzielle Unterstützung. So kam zum Beispiel Anfang April eine 40-köpfige BigBand aus Regensburg zu Gast ins Rainbow um (unter anderem) mit der Rainbow Brassband und einigen anderen Brassbands aus Uganda einen Musik-Workshop zu veranstalten. Anfang des Jahres habe ich zusammen mit ein paar anderen Jugendlichen ein Proposal mit Finanzierungsplan erstellt, mit Hilfe dessen dann bei der deutschen Botschaft um finanzielle Unterstützung für den Workshop angefragt wurde. Leider hatte diese jedoch das Jahresbudget schon gemacht und keinen Bereich für solche Workshops vorgesehen. Der Workshop konnte trotzdem stattfinden und war ein voller Erfolg. Dazu und zur gesamten Reise der Big Band in Uganda aber im nächsten Rundbrief mehr.

Da ich ja im Unterschied zu den meisten anderen Freiwilligen direkt im Projekt wohne, habe ich keine festen Arbeitszeiten und auch meine Aufgaben sind oft nicht so genau definiert. So helfe ich einfach überall, wo ich gebraucht werde, sei es mich um neue Freiwillige zu kümmern, für alle Bewohner Essen zu kochen, mich um die kleine Babykatze, die bei uns total abgemagert abgegeben wurde, zu kümmern oder im Garten Gemüse zu pflanzen.
Lezteres macht wirklich Spass, obwohl es manchmal echt mühsam ist. Mal sind es die Kinder, die die noch grünen Tomaten abpflücken, um damit zu spielen. Ein anders Mal ist es der Hund Pepe, der die frisch gepflanzten Kartoffeln wieder ausgräbt oder meine Mitbewohner vergessen zu gießen, wenn ich mal nicht da bin… Trotzdem wachsen momentan ein paar Kartoffeln, Kürbis, Zucchini, Kochbananen, Papaya, ein kleiner Avokado- und ein kleiner Mangobaum, Ananas, Zitronengrass und verschiedene Kräuter zum Kochen, wie zum Beispiel Blattsellerie, Petersilie, Salbei, Pfefferminze und Oregano. Die ersten eigenen Bohnen wurden schon im Januar geerntet und zu vegetarischem Chili con Carne verarbeitet.
Eine weitere Aufgabe von mir ist es, regelmäßig im Hauptpostamt die Post fürs Rainbow abzuholen. Wenn ich ab und an auch mal einen Brief für mich im Postfach finde, freue ich mich jedesmal riesig. Vor allem, wenn man so weit weg ist von zuhause, ist es besonders schön, einen persönlichen Brief von jemanden in den Händen zu halten, neben all der Kommunikation übers Internet. Vielen lieben Dank an dieser Stelle an alle, die sich die Mühe gemacht haben!
Und wenn ihr mir auch mal schreiben möchtet, kommt es mit dieser Adresse garantiert an:

Lena Heuer
Rainbow House of Hope Uganda
P.O. Box 29229
Kampala
Uganda

Für die nächsten Wochen und Monate plane ich unter anderem einen Erste-Hilfe-Workshop mit dem ugandischen Roten Kreuz. Besonders für die Kinder- und Jugendlichen, die nicht immer sofort Zugang zu medizinischen Einrichtungen haben, sind Grundkenntnisse in erster Hilfe meiner Meinung nach dringenst nötig.

Ssese Islands – ein Wochenende in einer anderen Welt

Nur drei Fahrtstunden mit der Fähre von Kampala (bzw. Entebbe) entfernt, liegen ca. 60 Inseln inmitten des Victoriasees, die Ssese Islands. Wunderschöne Strände, Regenwälder und unberührte Natur mit den unterschiedlichsten Tier und Pflanzenarten bieten einen totalen Kontrast zur lauten, dreckigen und chaotischen Hauptstadt. Was jetzt vielleicht wie eine Beschreibung in einem Reiseführer klingt, durfte ich Anfang Februar für ein Wochenende zusammen mit zwei anderen Rainbow Freiwilligen erfahren.

Mit gemieteten Motorrädern sind wir, vorbei an Ananasplantagen, tollen Stränden und Ausblicken auf den Victoriasee über die Insel gefahren, haben Sonnenuntergänge geguckt und unseren kleinen Kurzurlaub genossen.

Ich in Uganda

Immer wieder stellt sich mir und auch den anderen Freiwilligen die Frage nach dem eigentlichen Sinn unseres Freiwilligendienstes. Natürlich ist es nicht so, dass wir uns vollkommen nutzlos und fehl am Platz fühlen, trotzdem kommt für viele nach ein paar Monaten die Ernüchterung. Man kann durch einen Freiwilligendienst die Welt nicht retten, man kann sie höchstens ein ganz kleines bisschen besser machen. An der Gesamtsituation in den Entsendeländern kann man so gut wie nichts ändern und das ist für viele schockierend. Viele fragen sich jetzt vielleicht, was denn dann der Sinn dahinter ist, für ein Jahr nach Afrika zu gehen, wenn man konkret vor Ort „nicht viel“ bewirken kann? Antworten gibt es viele. Zum einen ist es nicht so, dass man nichts ändern kann. Vor allem in den Köpfen der Menschen kann man durch Gespräche und Diskussionen viel verändern, denn nicht nur die Freiwilligen lernen durch ihren Aufenthalt hier. Es ist mehr ein gegenseitiger Austausch, von dem beide Seiten enorm viel profitieren.
Außerdem, und das ist einer der wichtigsten Aspekte, haben wir als Freiwillige eine Botschafterfunktion. Dadurch, dass wir regelmäßig während des Dienstes Rundbriefe, E-Mails, Blogs etc. schreiben und auch zurück in Deutschland Menschen von der Situation hier berichten, kann oft viel mehr bewegt werden, als konkret vor Ort. Wenn man jemanden persönlich kennt, der vor Ort ist bzw. war, ist von vorn herein mehr Interesse da, als wenn man einen Bericht im Fernsehen sieht oder einen Artikel in der Zeitung liest. Aus diesem Grund würde ich mich sehr freuen, wenn ihr anderen von dem erzählt, was ich hier mache und vielleicht auch meine Berichte weiterleitet. Dankeschön!

Klima

An dieser Stelle noch ein paar Worte zum Klima in Uganda. Anders als in Deutschland gibt es hier nur zwei Jahreszeiten, die Regenzeit und die Trockenzeit, die sich immer für ungefähr drei Monate abwechseln. Vor ein paar Wochen hat gerade die erste Regenzeit in 2012 begonnen. Bis dahin hatte es seit Anfang des Jahres kein Mal richtig geregnet. Tagsüber wurde es richtig heiß (gefühlte 35 Grad), sodass man es nicht lange in der Sonne ausgehalten hat. Die meisten Straßen hier sind nicht asphaltiert und deshalb, wenn es nicht regnet, ziemlich staubig. Viele Pflanzen waren so trocken, dass sie sich bei kleinen Windstössen selbst entzündet haben. Bei einem Ausflug, ca. 2 Stunden nach Norden aus Kampala raus, war ich geschockt, dass weite Flächen entweder braun und vertrocknet oder schwarz und verbrannt waren. Von dem üppigen Grün, von dem ich so überwältigt war, als ich ankam, war nicht mehr viel übrig geblieben.

Das extreme Gegenteil dazu konnte ich im November/Dezember erleben. Während der Regenzeit regnet es so gut wie jeden Tag, meist zwar nur für 1-2 Stunden, dafür aber so, als würde die Welt untergehen. Ein funktionierendes Abwassersystem gibt es nur sehr selten und in manchen Teilen der Innenstadt steigt das Wasser kurzfristig meterhoch an. Einmal musste ich drei Stunden vor dem Eingang des Bahnhofs warten, weil das Wasser ringsherum ein Wegkommen unmöglich gemacht hatte. Die meisten Menschen sehen das, ganz nach afrikanischer Mentalität, ziemlich locker und gehen auch mal nicht in die Schule oder zur Arbeit wenn es regnet. Es hat halt geregnet…
Leider und das darf man nicht vergessen, haben sehr viele Menschen hier keine festen Wohnungen oder Häuser, weshalb es in vielen Slums, die oft in den Tälern zwischen den Hügeln Kampalas liegen, bei Regen zu schlimmen Ausmassen kommt, die man sich gar nicht vorstellen kann.

Eine paar (fast) alltägliche Geschichten…

Das Matatu, in dem ich aus der Stadt nach Hause fahren möchte, steht wie immer im Stau. Ich beobachte die tausenden Menschen, die vorbeilaufen, überlege, wo sie wohl herkommen, wo sie hinwollen…
Plötzlich bildet sich zwischen den wartenden Matatus etwas weiter vorne eine Menschentraube. Auch die anderen Menschen haben es bemerkt und drehen ihre Köpfe dem Geschehen zu. Ein Mann wird aus der Menge gezogen. Er ist blutüberströmt und schreit. Während sie ihn aus unserem Blickfeld zerren, schlagen sie auf ihn ein, mit allem was ihnen in die Hände fällt…einer der Mitfahrer im Taxi meint nur „thats a thief“ („Das ist ein Dieb“) und keinen scheint es zu kümmern. was dort passiert…

Auf dem Weg vom National Theater nach Hause, gehen wir des nachts eine lange breite Straße entlang. Plötzlich sehe ich zwei Menschen auf uns zu rennen. Der eine scheint den anderen zu verfolgen, sie rennen als ginge es um ihr Leben… und das ging es vielleicht sogar auch…
Von vorne kommt ein BodaBoda angerast, das die Situation schnell versteht und mit voller Fahrt in den vorweg laufenden Mann hinein fährt. Beide fallen, andere Menschen kommen angerannt, ich drehe mich um, höre nur noch verzweifelte Schreie und gehe weiter nach Hause…

Warum ich euch das erzähle? Weil Dinge wie diese hier jeden Tag, jede Minute passieren und genauso zu Uganda und zu meinen Erfahrungen zählen, wie all die schönen Dinge, von denen ich berichte. Als uns im Ausreisekurs erzählt wurde, dass wir bei einem Überfall besser nicht schreien sollen, um den Dieb vor der Selbstjustiz, wie z.B. Steinigung seitens der anderen Menschen auf der Straße zu bewahren, klang es so unwirklich und fern.
Nun höre ich fast täglich Schauergeschichten, wie diese. Immer wieder, wenn ich mitbekomme, wie Eltern ihre eigenen Kinder misshandeln, Menschen ihre eigenen Verwandten aus Eifersucht vergiften, oder, wie ich es schon mehrmals erlebt habe, Diebe zu Tode geprügelt, gesteinigt oder mit Benzin überschüttet und angezündet werden, stelle ich mir die Frage, wie Menschen so handeln können und erst Recht, was in ihren Köpfen vorgeht.
Dann versuche ich Erklaerungen fuer dieses Verhalten zu finden, um zu verstehen warum die Menschen so handeln. Ich bin kein Psychologe und auch kein Gesellschaftswissenschaftler, aber was mit Sicherheit eine grosse Rolle spielt, ist der Einfluss vom ugandischen Staat, der z.B. kein funktionierendes Justizsystem bereitstellt. Korruption ist weit verbreitet: Die Polizei funktioniert nur wenn man dafuer bezahlt und auch die schlimmsten Straftaeter koennen sich illegal freikaufen, wenn sie genuegend Geld haben.
Aus diesem Grund sehen sich viele Menschen gezwungen selber einzugreifen, um weitere Straftaten zu verhindern oder auch weil sie Angst vor der Rache der Taeter haben, die so leicht wieder freikommen koennen.
Auch in Gespraechen mit ugandischen Freunden, merke ich, dass sie die gleichen Probleme wie ich haben dieses Verhalten zu verstehen und zu erklaeren. Als einen Grund sehen sie die Wut vieler Menschen auf ihre aussichtlose Situation aus der Armut herauszukommen. Wer z.B. kein Geld hat die hohen Schulgebueren zu bezaehlen und somit zur Schule gehen zu koennen, wird es sehr schwierig haben in Zukunft seine Familie ernaehren zu koennen. Auch sehen sich viele Menschen von der Regierung eingeengt und in ihrer Freiheit beraubt (z.B. in ihrer Meinungsfreiheit) und die jahrelang aufgestaute Wut wird dann ploetzlich freigelassen…
Ich moechte mit diesem Erklaerungsversuch auf keinen Fall das Verhalten der Menschen in Schutz nehmen oder gutheissen, aber auch die Menschen hier in Uganda sind nicht besser oder schlechter als wir es sind. Sie sind nur in vollkommen unterschiedlichen Bedingungen aufgewachsen, die es uns so schwer machen zu verstehen, was in ihren Koepfen vorgeht…
Ich hoffe nun, dass ihr wenigstens ein bisschen versteht, was ich versuche hier zu erklaeren. Auch moechte ich kein falsches Bild von Uganda vermitteln. Die meisten Menschen hier sind wahnsinnig hilfsbereit und gastfreundlich und machen es einem sehr einfach, sich schnell zuhause zu fuehlen. Dazu aber auch im naechsten Rundbrief mehr.

Richtig – Falsch – ???

Jeden Tag laufe ich an einem kleinen Laden vorbei, vor dem ein T-Shirt mit der Aufschrift „How am I supposed to know, whats right and whats wrong?“ („Woher soll ich wissen was richtig und falsch ist?“) hängt, um verkauft zu werden.
Und genau diese Frage stelle ich mir tagtäglich immer wieder. In einem so fernen Land, in einer so unterschiedlichen Kultur zu leben, stellt einen häufig vor Situationen ,wo man erst einmal nicht weiter weiß. Wie soll ich handeln? Welchen Eindruck möchte ich mit meinem Verhalten vermitteln? Wie fassen es die Ugander auf bzw. welches Bild haben sie überhaupt von Weißen hier? Welchen Einfluss hat mein Handeln auf die Menschen, die Jugendlichen und Kinder und auf die nachfolgenden Freiwilligen? Kann ich einem Freund Geld leihen? Darf ich Menschen auf ihr schlechtes Verhalten hinweisen, z.B. wenn Kinder geschlagen werden? Oder werde ich dann als besserwisserische Muzungu gesehen, die nach Afrika geht, um den Menschen zu zeigen ,wie es besser geht? Wie reagiere ich auf bettelnde Kinder oder aufdringliche Männer ohne respektlos zu sein oder sie zu verärgern? Wieviel Toleranz ist nötig und gut und wann darf ich auch mal sagen wenn mir was nicht passt? Wie finde ich heraus, wer nur wegen meinem Geld oder meiner Hautfarbe mit mir befreundet sein möchte oder wer es wirklich ernst meint?
Ich könnte diese Liste womöglich endlos weiterführen, letztendlich wird es auf keine Frage die perfekte Antwort geben. Man muss einfach für sich in dem Moment den besten Weg finden und aus den Erfahrungen lernen. Dazu sind wir immerhin hier.

Zwanzig Minuten

Mal wieder bin ich zu Fuß unterwegs durch die Stadt, als ich von einem hochgewachsenen Mann, mittleren Alters angesprochen werde. Sofort stelle ich mir die Frage, was er wohl wieder möchte… Geld, meine Handynummer oder am besten gleich sofort heiraten.
Ich bin skeptisch, gebe ihm jedoch trotzdem eine Chance und bleibe stehen. Als er beginnt zu sprechen, fallen mir seine zahlreichen Narben auf Nase, Wange und am Hals auf, seine Augen sind matt, wie von einem Menschen, der schon zu viel im Leben gesehen hat und um seinem Hals hängt ein Rosenkranz.
Der Mann beginnt zu reden. Ein ehemaliger Rebell der Lords Resistance Army („Widerstandsarmee des Herrn“, LRA) sei er gewesen. Die LRA, eine paramilitärische Gruppe, die momentan durch ihren Anführer Joseph Kony in aller Welt bekannt geworden ist (siehe Youtube: KONY 2012), sorgte bis vor wenigen Jahren für einen blutigen Bürgerkrieg im Norden Ugandas, in dem zwischenzeitlich 2 Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben wurden und ca. 66.000 Kinder entführt und zu Kindersoldaten gemacht wurden. Ganze Dörfer wurden überfallen, ausgeraubt und angezündet, um basierend auf den 10 Geboten einen Gottesstaat im Norden Ugandas zu errichten (mehr dazu auch im Dokumentarfilm „Lost Children“, den man u.a. kostenlos in Youtube gucken kann).
Der Mann erzählt mir, er sei als Junge aus der Schule entführt worden, hätte sieben Jahre im Busch als Rebell gekämpft und irgendwann schliesslich geschafft zu entkommen. Seine Eltern und Geschwister seien getötet worden, seine eigene Familie mit Frau und Kindern hätten bei Überfällen alles verloren. Er zeigt mir noch mehr Narben an Armen und Beinen, erzählt von Schusswunden am Bauch… Aus Verzweiflung hätte er dann irgendwann beschlossen, wie so viele andere das Glück in Kampala zu suchen und zu versuchen, hier eine Arbeit zu finden. Das habe sich dann aber ohne abgeschlossene Ausbildung bzw. Studium als schwieriger herausgestellt als gedacht. Die Polizei wollte ihn nicht und verschiedene Sicherheitsfirmen hätten ihn auch abgelehnt. Auf seiner Suche sei er auch bei verschiedenen Hilfsorganisationen gewesen, doch die einen helfen nur ausländischen Flüchtlingen, die anderen nur ganzen Gruppen von Menschen und keinen Einzelpersonen, wie ihm. Nach all diesen Enttäuschungen möchte er nun einfach nur noch zurück in die Heimat nach Kitgum, wofür ihm aber das Geld fehlt.
Schon nach wenigen Minuten ändert sich mein erster Eindruck von diesem Menschen vollkommen. Sein Englisch ist sehr gut und auch die Art wie er redet zeugt von Intelligenz. Immer wieder betont er wie dankbar er Gott ist und bittet mich für ihn zu beten.
Ich bin beeindruckt. Wie kann ein Mensch, der schon so viel Schlimmes im Leben durchgemacht hat, so ein starkes Gottvertrauen haben?
Schliesslich bedankt er sich bei mir, dass ich ihm zugehört habe und erkundingt sich nochmals nach meinem Namen, um für mich zu beten…
Ich werde diese Begegnung nie vergessen.

Und danach?

Jetzt, wo schon über die Hälfte des Freiwilligendienstes vorbei ist, gilt es sich langsam Gedanken über die Zukunft und das, was danach kommt, zu machen.
Was für mich, sowie auch für fast alle anderen Freiwilligen ziemlich sicher ist, ist dass ich nicht zum kommenden Wintersemester anfangen werde zu studieren, da es zum einen mit dem Bewerben auf einen Studienplatz von Uganda aus etwas schwierig ist und da zum anderen offizieller Dienstschluss erst Ende September ist und kaum Zeit zum Zurückkommen da ist, wenn die meisten Studiengänge schon Anfang Oktober beginnen.
Aus diesem Grund, vorallem aber auch weil ich mich hier so wohl fühle, habe ich mich dazu entschlossen, meinen Aufenthalt hier um drei Monate zu verlängern (bis Ende Dezember diesen Jahres). Zurück in Deutschland, werde ich auf jeden Fall anfangen zu studieren und so wie es momentan aussieht, wird es in die politikwissenschaftliche Richtung gehen.

Jetzt bin ich aber erst einmal hier und geniesse die Zeit mit den Kindern im Rainbow, treffe mich mit Freunden, um zur Jamsession ins National Theater oder zu anderen Konzerten und Festivals zu gehen, begleite die Brassband zu Auftritten, laufe stundenlang durch die Stadt und freue mich einfach jeden Tag aufs Neue in so einem schönen Land sein zu dürfen.

Auch am Ende meines zweiten Rundbriefes möchte ich all den lieben Menschen danken, die meinen Freiwilligendienst hier erst möglich gemacht haben. Allen voran diejenigen , die mich und meine Arbeit finanziell im Rahmen meines Unterstützerkreises unterstützen. Außerdem möchte ich den Menschen danken, die regelmäßig mit mir in Kontakt bleiben und vorallem auch an mich denken und mich nicht vergessen. Vielen lieben Dank euch allen und die allerbesten Grüsse aus dem Herzen Afrikas,

Eure Lena

P.S. Wie einige vielleicht schon mitbekommen haben, habe ich Mitte März eine zweiwöchige Rundreise durch Ruanda und Burundi unternommen. Meine Eindrücke dort würden aber diesen Rundbrief vollkommen sprengen, weshalb es in den nächsten Wochen noch einen gesonderten Reisebericht geben wird!

P.P.S. Ich freue mich immer sehr über Anregungen, Fragen oder Rückmeldungen, zu dem, was ich so in meinem Rundbriefen schreibe!

 


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